Ein Event im Event
Das StreetArt-Swiss-Festival bringt die vergängliche Kunst der Kreide auf die Strassen von Wil. Im Rahmen eines besonderen Programmpunkts entsteht in der Stadtkirche St. Niklaus ein Kunstwerk direkt vor dem Altar. Die beiden italienischen Künstler Claudio Pirisi und Raffaella Mezzaluna gestalten das Werk live vor den Augen der Besucher. Das Thema des diesjährigen Festivals – „Freiheit in der Natur und ihren Elementen“ – und der von der katholischen Kirchgemeinde ausgewählte Psalm 18, Vers 30 dienen als inhaltliche Grundlage. Das fertige Werk wird am Sonntag im Rahmen des öffentlichen Gottesdiensts erstmals gezeigt.

Künstlerisches Konzept
Claudio Pirisi und Raffaella Mezzaluna zählen zur internationalen Elite der Madonnari-Kunst. Sie wurden beauftragt, im Kirchenraum ein Werk zu schaffen, das die Themen Freiheit, Natur und Spiritualität vereint. Als inhaltliche Grundlage diente Psalm 18, Vers 30, welcher von der katholischen Kirchgemeinde als Leitvers bestimmt wurde. Die beiden Künstler reichten fünf unterschiedliche Entwürfe ein, aus denen der Kirchenrat einen auswählte und die inhaltliche Richtung vorgab. Die Arbeit erfolgt während der gesamten Festivaldauer live vor Ort, sichtbar und erlebbar für alle Besucherinnen und Besucher.
Die Tradition der Madonnari
Die Tradition der Madonnari geht auf die italienische Renaissance zurück. Damals schufen Künstler auf Kirchenplätzen mit Kreide religiöse Bilder, insbesondere Darstellungen der Madonna. Diese vergängliche Kunstform hat sich bis heute erhalten. Das bedeutendste Madonnari-Festival findet jährlich in Curtatone (Lombardei, Italien) statt – mit über 150 Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt, immer rund um den Feiertag Mariä Himmelfahrt am 15. August. Sieben teilnehmende Künstlerinnen und Künstler reisen direkt von Wil weiter nach Curtatone. Wer dort zur Meisterin oder zum Meister gewählt wird, erhält den Ehrentitel „Maestro/Maestra Madonnaro/a“ auf Lebenszeit. Claudio und Raffaella gehören zu diesem Kreis.
Der sakrale Raum als Kunstort
Die Erlaubnis, ein Bild im Altarraum der Stadtkirche St. Niklaus zu gestalten, erforderte viel Vertrauen – sowohl innerhalb des OKs als auch gegenüber der katholischen Kirchgemeinde. Nach intensiven Gesprächen wurde der Vorschlag einstimmig angenommen. Das Projekt schafft eine Brücke zwischen Glaube, Kunst und Öffentlichkeit und lädt die Besucher ein, Kunst im Raum der Stille neu zu erleben.
Vermittlung & Integration
Parallel zur künstlerischen Arbeit informieren Infotafeln über die Geschichte der Madonnari, die Technik der Strassenmalerei und die Verbindung zur Spiritualität. Über QR-Codes erhalten Besucherinnen und Besucher Zugang zu vertiefenden Informationen. Die Vermittlung ist ein zentrales Anliegen des Projekts und entspricht auch den kulturpolitischen Vorgaben der Kulturkommission. Ziel ist es, Menschen aktiv einzubinden, ihnen Zugang zur Kunst zu eröffnen und nachhaltige Impulse zu setzen.
Der Abschlussmoment im Gottesdienst
Das vollendete Werk wird am Sonntagmorgen im Rahmen eines feierlichen Gottesdiensts (Beginn 10.00 Uhr) der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Künstler Claudio Pirisi und Raffaella Mezzaluna sind anwesend. Ihr Werk bleibt nach dem Gottesdienst für einige Tage sichtbar. Dieser Moment der Würdigung soll Kunst, Glaube und Gemeinschaft auf eindrückliche Weise verbinden.